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Großes Kino in der Landschaft - Badisches Tagblatt - Kultur | 05.02.2014
"Über Grenzen": Foto-Pastell-Collagen von Agnes Märkel in der Städtischen Galerie Rastatt

Von Christiane Lenhardt


   Die Auen am Altrhein werden bei Agnes Märkel zu einer flirrenden Seenlandschaft in Breitbandformat, in das der Betrachterblick soghaft hineingezogen wird: In ein flimmerndes Spiel aus Gelb-Rot mit Naturtönen, mit der schwarz-weißen Pixelstruktur der Birken, den gestrichelten Gräsern  und den überall auftauchenden Mini-Schwänen wie auf einem Suchbild. Strukturen und Spuren prägen auch eine karge, ferne Berglandschaft, auf der Spargelfelder mit ihren kräftigen Spuren auffallen.
   Die in Karlsruhe lebende Künstlerin arbeitet an ihren ungewöhnlichen Bildkompositionen bimedial, und alles scheint impressionistisch ineinander zu fließen. Märkel kombiniert Fotografie mit Pastell, setzt die beiden Medien auf ihren Papierarbeiten in den Riesenformaten aber streng getrennt ein. Einzelne Bildteile schwimmen wie Inseln in der weiten Landschaft. Die scheinbare Grenze zwischen Fotografie und Pastell wird durch kompositorische Einheit überwunden. In der Polarisierung moderner und klassischer Bildmedien erzeugt sie Spannung.
   Agnes Märkel, 1963 im hessischen Dieburg nahe Darmstadt geboren, hat schon in ihren Radierungen während der Karlsruher Akademiezeit Naturausschnitte geschaffen mit großangelegten, geheimnisvollen Sujets. Jetz arbeitet sie wandfüllend in erzählerischen Landschaften. 19 weitere Werke sind derzeit unter dem Titel "Über Grenzen" in der Städtischen Galerie Fruchthalle Rastatt ausgestellt. Galerieleiter Peter Hank bezeichnet die collagierten Arbeiten als "Imaginationsexperimente", in denen Märkel den betrachter durch die enorme Bewegtheit ihrer Werke verblüfft und durch den Tiefenraum ihrer Bilder.
   Die Landschaften haben bei Märkel etwas dramatisch Bühnenhaftes, wenn sie Reales, Imaginäres und Zitate aus der Kunstgeschichte gleichzeitig auftreten lässt, etwa Dürers "Großes Rasenstück" oder eine Art barockes Deckenfresko inmitten einer Aufnahme vom Brunnen am Berliner Alexanderplatz. Die majestätischen Vögel der Pfaueninsel im Werk "Wege zum Ruhm" (2009), an der der Galeriebesucher am Aufgang zum ersten Obergeschoss entlang schreitet, bevölkern eine expressive Garten architektur. Märkel vervielfältigt darin die in solchen Anlagen vorhandenen Muster und Strukturen und lässt sie in einer grün-blauen Farbexplosion kulminieren. Ihre Zeichnungen nehmen die Themen und Formen der Fotografie auf, Pastell und Abbild bringen sich gegenseitig zum Leuchten. Märkel spielt mit der Wahrnehmung - konterkariert die Bildkompositionen auch durch Umkehrung der Gößenverhältnisse: Die Pfaue aus Berlin sind größer als die historischen Gebäude im Park von Schloss Sanssoucis in Potsdam.
   Das Bild sei bereits verkauft worden, erzählt Galerieleitr Peter Hank. Märkels Kunst ist zwar eher zu groß fürs Wohnzimmer, aber befindet sich in einigen öffentlichen und privaten Sammlungen, von Karlsruhe, Offenburg bis Heidelberg. Eine heimatbezogenheit drückt sich in ihren Arbeiten aus, auch wen sie mit globalen Aspekten spielt.
   In ihren Sujets bezieht sich Märkel vor allem auf Orte, an denen sie länger war. Spuren der Nordseelandschaft, wo sie einige Zeit lebte, finden sich in Fußabdrücken auf den Collagen. Aber durchs schäumende Watt im Bild "Eitles Schicksal" (2011) eilen auch Business-Men mit Aktenkoffern. Immer wieder fügt die Künstlerin ihren Bildinszenierungen irritierende Versatzstücke hinzu. Ein Puppenkopf mit zum Schrei verzertem Gesicht bringt Hitchkocks Suspense ins Bild, Gesellschaftskritisches lässt die Ansammlung von Legehennen in "Mob" ahnen. In einer an Island erinnernden Wasserlandschaft grasen exotische Zootiere, wie Migranten. Trotz pastelliger, teils intensiver Farbigkeit strahlen Märkels Landschaften Kühle aus. Die Natur in den Bildern ist durch Menscheneinwirkung versehrt, darin erinnert die Idylle nur noch an eine einsame Insel. Manchmal verarbeitet sie auch fremde Aufnahmen, wie das Aktivistenfoto aus Bangladesch, das ein beim Einsturz einer Textilfabrik getötetes Paar zeigt; es erscheint wie ein Epitaph im Seerosenteich. Märkels Bilder sind nicht nur atmosphärisch, sondern ziehen den Blick auch magnetisch an, um ihn auf unsere bedrohte Welt zu richten.

Über Grenzen - Ausstellung in der Städtischen Galerie Rastatt
01.02. - 04.05.2014


links: Gescheiterte Hoffnung, 2011   mitte: Drift, 2007   rechts: Triumpf der Zeit, 2012


links: Umwandlung des Wassers, 2012   rechts: Neuanfang, 2010


Raum zu Zeit, 2013

links: Eitles Schicksal, 2011   mitte: Man muß Flügel haben, wenn man den Abgrund liebt, 2010  
rechts: Für einen Augenblick, 2013


Das große Rasenglück, 2011


Wege zum Ruhm, 2009
 
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